Ich freue mich sehr, dir hier mit Nature Journaling und Greensketching zwei großartige Methoden vorstellen zu können, die deine Naturverbundenheit stärken und dir dabei helfen, deine Kreativität in der Naturfotografie zu entfalten.
Vor einigen Jahren habe ich meinen Ansatz der slow & simple Fotografie entwickelt, bei dem es darum geht in der Natur zur Ruhe zu kommen, Kraft zu tanken und die eigene Kreativität zu entfalten. Seitdem bin ich immer auf der Suche nach neuen Wegen, um meinen LeserInnen noch leichter in die Entspannung beim Fotografieren zu verhelfen und noch mehr kreative Anregungen präsentieren zu können.
Nature Journaling und Greensketching sind kreative Beschäftigungen, die sich meiner Meinung ideal eignen, um die slow & simple Fotografie zu ergänzen. Bei beiden handelt es sich um kreative Methoden, bei denen man zeichnen kann. Aber halt! Hör nicht sofort zu lesen auf, weil du – wie ich ursprünglich – glaubst, Null Talent zum Zeichnen zu haben. Es geht dabei nämlich nicht um die Qualität der Zeichnungen, sondern um die Tätigkeit an sich. Denn beim Zeichnen wirst du automatisch nochmal um einiges langsamer, als beim Fotografieren.
Darüber hinaus sind diese Ansätze auch sehr gut für dein Wohlbefinden und deine Gesundheit. Also nimm dir unbedingt die Zeit, weiterzulesen. Denn du brauchst für diese Zeichenarten keinerlei Vorkenntnisse oder Talent!
Was ist Nature Journaling?
Bei Nature Journaling geht es darum, dich mehr mit der Natur zu verbinden. Dabei hältst du deine Beobachtungen, Gedanken, Erlebnisse und Gefühle mit und in der Natur kreativ fest und bringst ihr Wertschätzung entgegen. Dafür brauchst du weder künstlerisches Talent noch umfangreiche Naturkenntnisse.
Das Tolle am Nature Journaling ist, dass du es ganz individuell deinen Vorlieben anpassen kannst: Du kannst schreiben, messen, zählen, zeichnen, fotografieren, Collagen erstellen oder auch etwas einkleben. Um loszulegen brauchst du nur ein paar Stifte, ein Skizzenbuch und – wenn du willst – deine Kamera.
Im Unterschied zum Anfertigen von Naturzeichnungen liegt der Fokus beim Nature Journaling auf dem genauen Kennenlernen eines Naturobjekts mit allen Sinnen.
Typische Fragen, die du dir beim Nature Journaling zu deinem gewählten Objekt stellen kannst sind z. B.:
- Wie schaut es aus?
- Wie riecht es?
- Wie fühlt es sich an?
- An welchem Standort lebt es?
- Wie groß ist es?
- Kenne ich diese Art?
- Macht es ein Geräusch?
- Was will ich darüber lernen?
Hier siehst du ein Beispiel, wie Mandy von Traveling Nature Journal Fotografien in ihr Naturtagebuch einbindet:
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Ich will nicht lernen, eine Blume zu zeichnen, sondern zeichne die Blume, um mehr über sie zu lernen. (Verena Hillgärtner)
Buchtipp für Nature Journaling
Wenn du jetzt Lust bekommen hast, Nature Journaling selbst auszuprobieren, dann kann ich dir das wunderschön gestaltete Buch von Verena Hillgärtner aus dem Kosmos Verlag empfehlen. Darin findest du auch großartige Naturfotos von ihrem Partner Martin Rundfeldt.
Nature Journaling – Dein Weg zu mehr Kreativität, Naturverbindung und Neugier* enthält 19 hilfreiche Übungen mit denen du gleich los starten kannst. Es ist eine absolute Freude das Buch zu lesen und sich davon inspirieren zu lassen. Definitiv eines meiner neuen Lieblingsbücher! Es ist auch als E-Book erhältlich. Persönlich dachte ich zuerst, dass dieses Format praktischer zum Mitnehmen raus in die Natur ist.
In der Praxis hat sich für mich aber definitiv die gedruckte Ausgabe bewährt. Denn darin kann ich schneller und leichter blättern und finden, was ich suche. Außerdem kann ich mich so an den vielen schönen bunten Zeichnungen und Fotos erfreuen, während mein E-Reader alles nur in Schwarzweiß wiedergibt.
Was ist Greensketching?
Genau wie beim Nature Journaling liegt der Fokus beim Greensketching darauf, deine Verbindung mit der Natur zu stärken. Greensketching vereint Kreativität, Achtsamkeit und Naturverbundenheit. Es geht nicht um das Zeichnen perfekter Bilder, sondern vorrangig um die Freude am Beobachten, dem Genießen und Wertschätzen der Natur um uns herum.
Zeichnen hilft gegen rasende und ängstliche Gedanken. Der Anblick der ästhetischen Schönheit der Natur kann positive Gefühle auslösen, die uns beruhigen, trösten, begeistern und erstaunen.
Hier siehst du ein Greensketching von Ali Foxon, die diesen Ansatz entwickelt hat:
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Ali Foxon ist überzeugt davon, dass die von ihr entwickelten Übungen dabei helfen, den eigenen Blick auf die Welt zu verändern, das Selbstbewusstsein zu stärken und so Frust und Überforderung zu vermeiden.
Buchtipp für Greensketching
In ihrem Buch Setz dich unter einen Baum und zeichne!* von Ali Foxon erklärt die Autorin, wie man eine Greensketching-Routine aufbaut, die die eigene Resilienz stärkt.
In dem im Droemer Knaur Verlag erschienen Buch berichtet Foxon von Studien, die belegen, dass Zeit in der Natur messbare gesundheitliche Vorteile mit sich bringt, wie z. B. eine verbesserte Konzentrationsfähigkeit und ein stärkeres Immunsystem.
Die Autorin geht konkret auf das Fotografieren ein und erklärt, warum es kein Ersatz für das Zeichnen ist. Denn selbst wenn man achtsam fotografiert, fokussiert man sich vorwiegend auf die Kameratechnik und eine schöne Bildgestaltung und nicht auf das Beobachten. Das kann ich selbst bestätigen, aber dazu weiter unten mehr.
Im Vergleich dazu ist man beim beobachtenden Zeichnen (im Gegensatz zum Zeichnen von etwas aus dem Gedächtnis oder frei erfundenem) immer wesentlich langsamer unterwegs. Denn selbst für eine grobe, schnelle Zeichnung muß man das Motiv mehrmals beobachten.
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Sehr spannend finde ich auch, dass laut Foxon Zeichnen eine so hohe Konzentration erfordert, das in unserem Gehirn der Bereich, der für das Grübeln und Zweifeln zuständig ist, abgeschaltet wird und stattdessen eine Art Flow-Zustand aktiviert wird. Dabei versinkt man so in die Aufgabe, dass man sich unmöglich gleichzeitig sorgen oder über andere Dinge nachdenken kann und wird viel ruhiger und aufmerksamer. Je mehr man zeichnet, desto mehr wird dieser Teil des Gehirns trainiert und die Konzentrationsfähigkeit und die eigene Achtsamkeit verbessern sich.
Du musst nicht gut zeichnen können, um dich beim Zeichnen gut zu fühlen! (Ali Foxon)
Sehr hilfreich finde ich auch den Abschnitt, in dem die Autorin erklärt, wie man Zweifel bezüglich Greensketching auflösen kann, wie z. B. „Ich kann nicht zeichnen!“ Was mir geholfen hat mit Greensketching zu beginnen ist die Tatsache, dass es nicht um die Qualität meiner Zeichnungen geht, sondern um das Beobachten der Natur und wie das verändert, wie ich mich fühle.
Ich finde das Buch „Setz dich unter einen Baum und zeichne“ sehr inspirierend und kann es wirklich empfehlen. Das Einzige, was ich persönlich wirklich schade finde ist, dass man im Buch nur auf der Umschlaginnenseite bunte Abbildungen findet und sonst nur Skizzen in Schwarzweiß. Denn als visuell fokussierter Mensch macht es mir mehr Freude ein schönes mit Farben gestaltetes Sachbuch durchzublättern.
Setz dich unter einen Baum und zeichne* ist in gedruckter, als auch in digitaler Form erhältlich. Da der Leseteil des Buchs nur in Schwarzweiß ist, sind beide Varianten gleich gut geeignet.
Tipps für deinen Start mit Nature Journaling und Greensketching
Jetzt möchte ich dir ein paar Anregungen und Ideen geben, wie du selbst mit diesen kreativen Methoden starten kannst und zeige dir, wie ich es gemacht habe. Bevor ich loslege möchte ich aber sicherstellen, dass dir der Unterschied zwischen den beiden Ansätzen klar ist.
Bei Nature Journaling geht es darum durch das Beobachten der Natur mehr darüber zu lernen. Dabei stellst du dir Fragen zu dem ausgewählten Objekt und trägst das, was dir auffällt in dein Naturtagebuch ( = Nature Journal) ein. Das kann eine Mischung aus Skizzen, Zahlen, gepressten Pflanzen, Fotos, etc. sein.
Bei Greensketching geht es ausschließlich um das beobachtende Zeichnen in der Natur. Greensketching kann also auch Teil deines Nature Journalings sein.
Schau dich ganz bewusst um
Als ich mit dem Ziel hinaus gegangen bin Nature Journaling zu machen, war ich sofort viel aufmerksamer unterwegs. Ich bin viel häufiger stehen geblieben und habe mir die unterschiedlichsten Dinge im Detail angeschaut, die ich sonst wahrscheinlich gar nicht beachtet hätte. Während ich meine „Standardrunde“ meistens eher flott gehe, bin ich diesmal kaum vom Fleck gekommen, weil es so viel zu entdecken gab! Schließlich habe ich mich entschieden, mich auf zwei Blattarten zu konzentrieren und habe mir gleich Ideen für andere Tage gemerkt.
Meine Wahl fiel auf die Blätter zweier unterschiedlicher Pflanzen. Von der einen Pflanze habe ich abgefallene Blätter in verschiedenen Farben und ein paar Samen aufgesammelt und auf eine Bank im Wald gelegt.
Mit Hilfe des unteren Fotos habe ich Zuhause heraus gefunden, dass die Blätter vom gemeinblättrigen Schneeball stammen. Auf der Seite Baumkunde.de konnte ich dazu einen Eintrag mit Fotos der verschiedensten Teile des Baumes und die wichtigsten Eckdaten zu der Pflanze finden und mehr darüber lernen.
Als Zweites habe ich mir dieses weiche grüne Blatt vorgenommen, das sich später als Lindenblatt herausgestellt hat.
Nimm dir Zeit für etwas, das dein Interesse weckt
Auf einer Bank im Wald habe ich mich dann hingesetzt, um mir meinen Fund genauer anzusehen. Von beiden Pflanzen habe ich jeweils ein Blatt in mein Nature Journal gelegt, die Umrisse abgezeichnet und dann versucht die Äderchen ungefähr nachzuzeichnen. Anschließend habe ich mir verschiedenste Dinge notiert, die mir zu den einzelnen Blättern aufgefallen sind: Haptik, Farbe, Form, etc.
Wie sehr du dabei ins Detail gehst, bleibt ganz dir selbst überlassen. Auch beim Layout und der Gestaltung deines Naturtagebuchs kannst du deiner Kreativität freien Lauf lassen. Du kannst mit Buntstiften, Filzstiften, Finelinern, Aquarellfarben, Bleistift, etc. zeichnen.
Inspirationen, um deine Naturentdeckungen einzufangen
Bei meinem Spaziergang merkte ich auch, wie viele unterschiedliche Formen von Zapfen am Weg lagen. Ich entschloss mich dazu von jeder Sorte einen mitzunehmen. Die Zapfen möchte ich für ein Naturmandala verwenden und auch mit dem Makro-Objektiv einzeln aufnehmen. Die so entstandenen Fotos eignen sich wiederum bestens, um sie ausarbeiten zu lassen und sie dann ins Nature Journal einzukleben.
Interessante Motive habe ich mir mit einem Handy-Schnappschuss „gemerkt“, um dann in Ruhe ein anderes Mal mit der Kamera zurück zu kommen. Denn ich bin der Meinung, jeder kann und darf sein Nature Journaling so gestalten, wie es für einen selbst am besten passt. Wichtig ist, dass man wirklich achtsam und langsam unterwegs ist und nicht einfach nur herumgeht und schnell jede Menge Smartphone-Bilder aufnimmt.
Ein Herbarium erstellen und fotografieren
Als ich vor vielen Jahren meine Ausbildung zur Kräuterpädagogin gemacht habe, mussten wir auch ein Herbarium erstellen. Im Rahmen dessen habe ich viele Pflanzen getrocknet und auf großen weißen Papierbögen befestigt. Ich finde viele dieser Pflanzen sehen sehr ästhetisch aus und eignen sich auch super, um sie auf Fotografien zu verewigen. Zum Trocknen brauchst du sie einfach nur unter einen schweren Bücherstapel legen. Alternativ kannst du natürlich die getrockneten Blumen einfach in dein Nature Journal einkleben.
Gemeinsamkeiten und Unterschiede finden
Ein gutes Foto muß nicht immer sofort im Moment entstehen. Oft wird ein Bild noch schöner, wenn du dir dazu eine Idee überlegst und ihr Zeit gibst, zu reifen. Mir hilft es bei einem Nature Journaling Spaziergang Ideen zu sammeln und aufzuschreiben oder auch kurz ein Handyfoto zu machen. Wenn ich mehrere Bilder von einem ähnlichen Motiv mache, habe ich oft schon unterwegs eine Idee, was daraus werden könnte. Nahaufnahmen von Rinden eignen sich z. B. sehr gut, um sie in einer Serie zusammenzustellen. Dabei achte ich dann darauf, dass sie farblich und optisch gut harmonieren. Meine ersten Schnappschüsse für eine Idee schauen beispielsweise so aus:
Deinen Blick schärfen mit beobachtendem Zeichnen
Je öfter du langsam und bewusst in der Natur unterwegs bist, desto mehr Dinge werden dir auffallen. Wenn du, so wie ich früher, das Gefühl hast, alles vor deiner Haustür schon zu kennen, dann gehe mehr ins Detail. Es gibt unendlich viele Möglichkeiten in der Natur Neues zu entdecken. Kennst du alle Pflanzen und Tiere, die dir auf deinen Spaziergängen begegnen? Wieviel weißt du wirklich über sie?
Auf einem meiner Spaziergänge habe ich den Fokus darauf gelegt zu schauen, wie viele unterschiedliche Blattarten ich entdecken kann. Ist dir schon mal aufgefallen, wie unterschiedlich sie sind?
- Wie die Blätter am Stiel angeordnet sind (wechselständig, zweizeilig, etc.)?
- Wie die Aderung (Blattnervatur) aussieht: Ist sie netzartig, gefiedert oder parallel?
- Wie sieht der Blattrand aus? Ist er gekerbt, gezähnt, gewellt, gelappt, etc.?
- Wie schaut der Blattansatz aus? Umfassen die Blätter den Stängel oder sitzen sie darauf?
- Welche Form hat das Blatt? Ist es lanzettlich, herzförmig, gefingert, etc.?
- Welche Farbe haben die Blätter?
Wenn du Blätter zeichnest, werden dir beim genauen Beobachten all diese Details auffallen. Das hilft dir auch beim Fotografieren. Denn du wirst auf einmal eine Fülle an Möglichkeiten entdecken, welche Details du bewusst auf einem Bild zeigen möchtest. Ideal eignet sich für solche Aufnahmen ein Makro-Objektiv, aber man kann auch schon mit einem herkömmlichen Zoom-Objektiv spannende Details einfangen. In unseren Beiträgen Makrofotografie für Einsteiger und sofort tolle Natur Nahaufnahmen machen findest du dazu hilfreiche Tipps.
Weitere Anregungen, um deine Kreativität zu beflügeln findest du in dem Beitrag neue Fotomotive in der Nähe entdecken und in meinem vier Slow & Simple Fotografie E-Books mit jeweils 40 Fotoideen:
Bezaubernde Blumenfotografie – Vom Veilchen bis zur Apfelblüte
Wunderwelt Wasser – Vom Regentropfen bis zum Leuchtturm
Waldfotografie leicht gemacht – Von der Wurzel bis zur Krone
Wundervolle Winterfotografie mit & ohne Schnee
Mit Nature Journaling erfassen, was wann in der Natur passiert
Ein weiterer Punkt bei dem dir Nature Journaling bei deiner Naturfotografie helfen kann ist, wenn du dokumentierst, was du wann wo beobachtest. Mit der Zeit weißt du dann ganz genau, wann wo welche Knospen erscheinen, Blumen blühen oder Schmetterlinge auftauchen. Mit diesem Wissen kannst du dann ganz gezielt fotografieren gehen.
Wie du die Jahreszeiten auf wunderschöne Art und Weise mit einem Nature Journal einfangen und fotografieren kannst zeigt z.B. die Autorin Emma Mitchell:
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Die Qualität der Zeichnungen ist nebensächlich
Bevor du los startest denk‘ daran, dass es beim Nature Journaling und Greensketching kein Richtig oder Falsch gibt! Es geht darum, dass du deine Zeit in der Natur genießt, deine kindliche Neugierde wieder raus lässt, wieder auf Entdeckertour gehst und dir alles ganz genau und in Ruhe anschaust. Wie deine Zeichnungen oder Fotografien von deinen Naturerfahrungen aussehen ist zweitrangig. Fokussiere dich voll auf das Beobachten und Eintauchen in die Natur und mach dir keinen allzu großen Kopf wegen deinem vermeintlich nicht vorhandenen Zeichentalent, der Kameratechnik oder der Bildgestaltung. Erlaube dir in den Flow zu kommen und einfach im Moment zu sein.
Jetzt wünsche ich dir ganz viel Spaß beim Ausprobieren von Nature Journaling und Greensketching. Berichte mir gerne in den Kommentaren, wie es dir damit ergangen ist!