Im Laufe der letzten Jahre habe ich meinen slow & simple Fotografie Ansatz entwickelt und gemerkt, wie gut er mir tut. Einerseits beflügelt er meine Kreativität und andererseits hilft er mir, zur Ruhe zu kommen und in der Natur Kraft zu tanken. Deshalb erzähle ich dir hier, was es mit der slow & simple Fotografie auf sich hat und wie du selbst damit starten kannst.
Wie slow & simple Fotografie deinen Blick schärft
Immer wieder hören wir von unseren KursteilnehmerInnen, dass es in ihrer Umgebung keine spannenden Fotomotive gibt, da sie nicht in der Großstadt, am Meer oder in den Bergen wohnen. Lange Zeit dachte ich das von der Gegend, wo wir wohnen, auch. Doch Corona hat mich eines besseren belehrt. Mit der Zeit wurde mir klar: Nicht jedes Fotomotiv muß spektakulär sein, um interessant zu sein. Wenn man vom großen Ganzen weg geht, kann man unzählige spannende Details entdecken.
Als 2020 der erste strikte Lockdown ausgerufen wurde, hatten wir anfangs das Gefühl, gar nichts mehr machen zu können. Doch dann setzten wir uns die Herausforderung, trotz der Einschränkungen spannende Fotomotive vor der Haustür zu finden. Unsere Erwartungen waren dabei nicht besonders hoch, denn wir leben in einer Kleinstadt in einer von Landwirtschaft dominierten Umgebung.
Doch an dem Sprichwort “Not macht erfinderisch” ist etwas Wahres dran. Eine der Fotoaufgaben, die wir uns stellten war z. B. an einem trostlosen, schneefreien Wintertag nach Farbklecksen zu suchen. Und siehe da: als wir genau hinschauten, entdeckten wir mehr Farbe, als erwartet.
Ein anderes Mal beschlossen wir nach Dingen Ausschau zu halten, die uns vorher noch nie aufgefallen waren. Wir dachten ja, dass wir auf dem Weg schon alles kennen. Auch in diesem Fall wurden wir positiv überrascht: Verwitterter Lack auf einem Fensterladen, ein rostiger Nagel in dunklem Holz und neue Perspektiven, wenn man den Blick nach oben richtet.
Mit der Zeit fiel mir auf, was durch diese kleinen Fotoübungen mit mir passierte: Ich schaute mich plötzlich viel bewusster um und achtete wesentlich mehr auf Kleinigkeiten. Mein Blick wurde geschärft und ich war wieder neugierig auf meine gewohnte Umgebung.
Mit slow & simple Fotografie entschleunigen & Kraft tanken
Der ursprünglich fade Spaziergang war plötzlich wieder spannend, weil ich meinen Fokus jedes Mal auf etwas anderes richtete. Dadurch war ich auch viel länger draußen in der Natur unterwegs.
Es gelang mir immer wieder, bei diesen kleinen Auszeiten das negative Gedankenkarussell rund um die Pandemie abzuschalten. Denn nachdem ich etwas Interessantes entdeckt hatte, wollte ich es auch auf einem schönen Foto einfangen. Persönlich finde ich übrigens, dass sich slow & simple Fotografie besonders für Naturmotive eignet. Denn Aufenthalte im Wald bauen beispielsweise Stress ab und heben die Stimmung.
Die vielen Sinneseindrücke, wie der Geruch von Tannennadeln und das Zwitschern von Vögeln,
stimulieren den Parasympatikus. Dieser Teil des Nervensystems ist für Erholung und Regeneration auf Zellebene zuständig.
Wie du aus eingefahrenen Mustern ausbrichst
Ich fing an, mir für jedes Motiv Zeit zu nehmen und überlegte, wie ich es am schönsten aufnehmen könnte. Nach der ersten Aufnahme prüfte ich, was sich noch verändern ließ, um das Bild noch interessanter zu machen. Dabei spielte ich z. B. mit unterschiedlichen Standpunkten, Perspektiven, dem Licht, der Schärfe und auch Kontrasten.
Mit der Zeit merkte ich, was für einen Unterschied es machte, wenn ich mich länger mit einem Motiv beschäftigte. Plötzlich gelang es mir aus meinen eingefahrenen Routinen auszubrechen und Dinge einfach auszuprobieren, ohne Druck und Erwartungshaltung. Dadurch wurden meine Bilder abwechslungsreicher und kreativer. Selbst in unserer Kleinstadt konnte ich viele interessante Motive entdecken.
Irgendwann war klar, dass ich diese Art der Fotografie auch anderen Menschen zugänglich machen wollte. So entstand mein erstes slow & simple Fotografie E-Book Waldfotografie leicht gemacht mit 40 Fotoideen. Ich war gespannt darauf, ob meine LeserInnen ähnliche Erfahrungen wie ich damit machen würden und freute mich unglaublich, als klar wurde, dass es funktionierte!
Britta sagte, dass sie ihren Blick dadurch noch mehr zu schärfen gelernt hat. Karin meinte, dass sie mehr Dinge wahrgenommen hat und sehr viel langsamer und präsenter unterwegs war, was ihr unheimlich gut getan hat. Solches Feedback hat mich so inspiriert, dass ich mittlerweile drei weitere E-Books zu den Themen Winter, Blumen & Blüten und Wasser geschrieben habe.
Wie du mit slow Fotografie deine Kreativität beflügelst
Meine Art zu fotografieren und auch meine Herangehensweise als Foto-Coach sind von zwei Ansätzen geprägt. Der eine ist, sich für ein Motiv Zeit zu nehmen. Weg zu kommen vom schnellen Knipsen im Vorbeigehen. Hin zum kreativen fotografieren mit bewusster Bildgestaltung.
Denn wenn du dir vor dem Drücken des Auslösers überlegst, was du mit deinem Motiv eigentlich zeigen oder ausdrücken willst, gehst du ganz anders an das Fotografieren heran. So kommt automatisch ein kreativer Prozess in Gang. Du fängst z. B. an, dir Gedanken zu machen, was du dafür auf dein Bild drauf nehmen willst und was nicht. Eine tolle Möglichkeit, um Langeweile bei gewohnten Motiven zu vermeiden, ist z. B., sie immer wieder anders zu fotografieren.
Du kommst beim Fotografieren mehr zur Ruhe und kannst aus deinen Motiven das Beste herausholen, wenn du dich auf einige wenige konzentrierst. So benötigst du zwar für die einzelnen Fotomotive mehr Zeit, die kannst du aber bis zu einem gewissen Grad wettmachen, weil du dafür weniger verschiedene aufnimmst. Außerdem versichere ich dir, dass du durch diese Herangehensweise dein kreatives Potenzial mehr entfaltest. So gelingen dir einige wirklich schöne Bilder, die dir viel mehr Freude machen werden, als ein Haufen schnell geknipster Schnappschüsse.
Warum du für simple Fotografie keine Technikbegabung brauchst
Der zweite wichtige Ansatz bei meiner Fotografie ist, sie möglichst einfach zu halten. Sehr oft wird uns eingeredet, dass es bei Fotografie vorwiegend um Technik geht und ohne eine teure Kamera mit unendlich vielen Megapixeln und einer unüberschaubaren Vielzahl an Funktionen gar nichts geht.
In dieser – meist von Männern dominierten – technischen Fotowelt habe ich mich noch nie Zuhause gefühlt. Denn ich bin nicht technikaffin und die meisten technischen Sachen gehen mir nicht gerade leicht von der Hand. Deshalb hätte ich die Fotografie fast hingeschmissen, bevor ich überhaupt richtig damit angefangen hatte. In meinem sehr persönlichen Beitrag Karins Mission kannst du nachlesen, wie ich diese Hürde überwunden habe.
Mit der Zeit habe ich gelernt, dass ich für meine Art der Fotografie nur ein Minimum an Kameratechnik brauche, um meine Wunschbilder aufnehmen zu können. Dabei beschränke ich mich auf ein paar wenige Funktionen bei den Kameraeinstellungen. Rund 85% meiner Fotos nehme ich mit ein und demselben Zoom-Objektiv auf. Mehr brauche ich meistens nicht.
Man kann an die Fotografie sehr technisch herangehen, muß man aber nicht. Persönlich ist die Bildgestaltung für mich das Spannendste, denn da kann ich mich kreativ entfalten. Die Kameratechnik ist dabei nur ein Mittel zum Zweck. Fotografieren ist etwas sehr persönliches. Stehe zu deinen Vorlieben und deinem Blick auf die Welt und lass dich nicht verunsichern!
Ich mag dieses Zitat von Henri Cartier-Bresson, das ich 1:1 so unterschreiben kann:
Auf jeden Fall aber kümmern sich die Menschen zu viel um die photographische Technik und zu wenig um das Sehen.
Eine teure und große Fotoausrüstung macht nicht automatisch gute Fotos. Ohne das Einbringen deiner kreativen Ideen sind es nur technisch einwandfreie Bilder. Erst dein einzigartiger Blick auf die Welt und wie du deine Motive einfängst, macht deine Fotos besonders. Deshalb kannst du mit jeder Kamera und jedem Können interessante Fotos aufnehmen, wenn du ein bißchen was von Bildgestaltung verstehst.
So kannst du mit der slow & simple Fotografie starten
Ich hoffe, ich konnte dich mit meiner Begeisterung für die slow & simple Fotografie anstecken und du hast jetzt Lust, sie selbst auszuprobieren!
Hier ein paar einfache Tipps, wie du anfangen kannst:
- Konzentriere dich auf einige, wenige Motive. Viel zu oft haben wir die Tendenz schnell mal im Vorbeigehen einen Haufen Bilder zu knipsen.
- Wenn du kannst, gehe alleine fotografieren oder mit jemandem anderen, der auch fotografiert. So hast du mehr Ruhe.
- Ist Zeitmangel ein Thema bei dir? Dann starte mit Fotomotiven in unmittelbarer Nähe, z. B. in deinem Zuhause oder im Garten.
- Entdecke dein Motiv: Geh, wenn möglich, erst einmal um dein Motiv herum und betrachte es von allen Seiten und aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Auf den Beispielfotos kannst du sehen, wie anders Aufnahmen vom selben Motiv aussehen können.
- Entscheide, was du von deinem Motiv, wie gerne zeigen möchtest.
- Stelle deine Kamera entsprechend ein und nimm ein erstes Foto auf.
- Schau dir das Bild an und überlege, ob es das vermittelt, was du willst. Wenn nicht, überlege, was du verändern kannst: Lenkt etwas von deinem Motiv ab? Ist das der ideale Blickwinkel? Passt die Schärfe und die Belichtung?
- Passe deine Kameraeinstellungen an und nimm ein weiteres Foto auf. Überprüfe dein Bild wieder kurz, passe an und mache so lange weiter, bis du mit dem Ergebnis glücklich bist.
- Es hilft total, wenn du dir eine kleine Fotoaufgabe stellst oder dir eine suchst. Das Fokussieren auf ein Thema fördert deine Kreativität und schärft deinen Blick für interessante Motive.
Wenn du dir dafür Anregungen wünschst, dann helfen dir meine slow & simple Fotografie E-Books mit jeweils 40 Fotoideen weiter:
Waldfotografie leicht gemacht – Von der Wurzel bis zur Krone
Wunderwelt Wasser – Vom Regentropfen bis zum Leuchtturm
Bezaubernde Blumenfotografie – Vom Veilchen bis zur Apfelblüte
Wundervolle Winterfotografie
Falls du deine Kamera bereits selbst einstellst und Lust hast in einer kleinen, motivierenden Frauengruppe so richtig in die Bildgestaltung einzutauchen, dann könnte der Bildzauberkurs für dich spannend sein, der Mitte Februar 2024 startet.
Wie du Zweifel bezüglich deiner Fotografie überwindest
Bevor du los startest, möchte ich dir noch eine Sache mit auf dem Weg geben:
Das Allerwichtigste beim Fotografieren ist, dass du Freude daran hast und es genießt. Also konzentriere dich nur auf dich. Vergleiche dich nicht mit irgendwelchen (Profi)fotografen auf Social Media, die vielleicht eine jahrelange Ausbildung und Praxis haben. Gerade in Zeiten von KI (Künstlicher Intelligenz) kann man gar nicht mehr sicher sagen, ob Bilder wirklich so aufgenommen wurden, wie sie präsentiert werden.
Wenn du dazu neigst, an deiner Kreativität, deinem technischen Verständnis oder einem anderen Bereich deiner Fotografie zu zweifeln, dann lies Warum Fotografie Kopfsache ist: Wie du Blockaden los wirst.
Beim kreativen Fotografieren gibt es kein Richtig oder Falsch. Es geht einfach darum, dich zu trauen Dinge auszuprobieren und zu experimentieren. Es ist übrigens total normal, dass dabei Bilder entstehen, die nicht so toll ist. Das gehört einfach dazu und ist auch für mich als Fotografin ein ganz normaler Teil meines kreativen Prozesses.
Jetzt wünsche ich dir, dass dir die slow & simple Fotografie genauso gut tut und deine Kreativität aufblühen lässt, wie sie es für mich tut. Zum Abschluss möchte ich dir als Inspiration noch ein Zitat von Maya Angelou mit auf den Weg geben:
Deine Kreativität kannst du nie aufbrauchen. Je mehr du sie benutzt, desto kreativer bist du!