Für die erste Bildbesprechung habe ich Fotos von unserer Islandreise hervorgekramt. Wir hatten erst kurz davor begonnen, manuell zu fotografieren. Es war die erste Reise, bei der wir im RAW-Format fotografiert haben, obwohl wir noch überhaupt keine Ahnung von Bildbearbeitung hatten. Zum Glück!
Denn so können wir Jahre später die Originaldateien von damals mit unserem heutigen Wissensstand bearbeiten. Bei jpeg-Dateien wäre das in diesem Ausmaß nicht möglich, weil gar nicht erst alle verfügbaren Informationen der Aufnahme auf der Speicherkarte landen.
Bildbesprechung
Bildaufbau 1. Versuch:
Meine erste Idee war, die Landschaft im Querformat aufzunehmen. Allerdings war mir hier der Anteil der eher faden Landschaft im Mittelteil dann zu groß, der außer der Straße nichts hergab. Bei der ersten Aufnahme neigt man dazu, zu viel auf das Foto drauf nehmen zu wollen. Da macht es Sinn zu schauen, wie man den Bildausschnitt noch reduzieren kann.
Histogramm 1. Aufnahme, unbearbeitet:
- Das Foto wurde korrekt belichtet, weil es weder rechts noch links anstößt. Das bedeutet, dass es links, wo Schwarz ist, nicht “absäuft” (= keine Zeichnung mehr in den dunklen Bereichen). Auch rechts, wo Weiß ist, ist es nicht “ausgerissen” (=keine Zeichnung mehr in den hellen Bereichen). Allerdings ist es mir zu dunkel.
- Wie man richtig belichtet mit Hilfe des Histogramms haben wir hier ausführlich erklärt.
- Aufgenommen wurde das Bild mit einem 18-200mm Objektiv mit 35 mm.
- Blende 16 war eigentlich nicht notwendig, um das Bild von vorne bis hinten scharf abzulichten. Bestimmt hätte f/11 (= Blende 11) oder sogar f8 genügt, also eine offenere Blende.
- Um das Bild bei 1/30 Sekunde Belichtungszeit nicht zu verwackeln, habe ich ein Stativ verwendet.
- Dank der Stabilität des Stativs hätte ich auch ISO 100 wählen können, um die Qualität der Aufnahme noch zu verbessern. Denn je höher die ISO, desto eher tritt Bildrauschen auf, dass sich in der Grobkörnigkeit der Darstellung zeigt. Mit dem Stativ hätte ich das Bild mit einer längeren Belichtungszeit auch gleich heller aufnehmen können.
Bildaufbau 2. Versuch:
Um die Aufnahme zu verbessern, habe ich mit den gleichen Kamera-Einstellungen dann auf Hochformat umgeschwenkt.
- Durch die Veränderung des Bildausschnittes habe ich viel Unnötiges weggelassen und trotzdem sind alle Hauptelemente noch da. Es macht immer Sinn zu schauen, wie weit man den Ausschnitt noch reduzieren kann, bevor einem beim Motiv etwas fehlt.
- Durch die Reduktion treten die interessanten Elemente wesentlich besser hervor: Die Blumen, die Straße und der Fels im Hintergrund.
- Die S-Krümmung führt den Blick des Betrachters durch das Bild zum Felsen hin.
Bildbearbeitung in Adobe Lightroom 6:
Du hast das Adobe Lightroom Programm noch nicht? Lade Dir hier ganz schnell die kostenlose Lightroom Testversion herunter.
In Lightroom arbeite ich im “Entwickeln” Modul immer von unten nach oben. Hier habe ich folgende Schritte gemacht:
- Kamerakalibrierung: Landscape
- Objektivkorrekturen: Profilkorrekturen aktivieren anhaken
- Details: Schärfen -> Betrag auf 73, Maskieren auf 84
- Klarheit: + 53
- Belichtung + 0,95
- Temperatur: 5964, damit die Farben etwas wärmer rüberkommen
- Mit Shortcut R das Freistellungsüberlagerungs-Werkzeug ausgewählt und den Horizont mit dem Winkel gerade gestellt
- Zeitaufwand ca. 2 Minuten
Histogramm 2. Aufnahme, bearbeitet:
- Durch das Aufhellen hat sich das Histogramm stark zum rechten Rand, Richtung Weiß bewegt.
- Durch die Erhöhung des Kontrasts ist das Histogramm auch breiter geworden und zieht sich fast bis zum linken Rand, wo Schwarz ist.
Planst du eine Reise nach Island? Dann findest du in unserem Blogartikeln Island Rundreise für Naturfotografen selbst organisieren undIsland Reiseroute zum selber fahren jede Menge hilfreiche Tipps für deine Urlaubsplanung.
8 Kommentare
Liebe Karin,
wow – das ist unglaublich spannend zu lesen. Allerdings bin ich totaler Foto-Anfänger und viele der genannten Begriffe sind für mich noch böhmische Dörfer :-). Das beginnt schon bei den Formaten RAW und jpg und deren Unterschieden. Weiter geht’s mit den unterschiedlichen Blenden – wann wähle ich welche….und wenn ja, warum?
Ganz besonders spannend finde ich den Abschnitt, welche Wirkung ich mit einem veränderten Bildausschnitt erzielen kann….da mache ich häufig einfach unterschiedliche Aufnahmen und schaue später am PC, wie ich diesen optimiert bekomme. Mit mehr Überlegungen schon vor der Aufnahme kann ich da sicher noch eine höhere Bildqualität erreichen, oder? Wieviel von den aufgenommenen Bildinformationen geht durch nachträgliches Beschneiden oder verändern verloren? Da brauche ich auf jeden Fall mal eine unterweisende Hand….schade, dass Ihr soweit von meinem Heimatort weg seid!
Dass ich durch die Bearbeitung des Bildes nachträglich noch so viele Gestaltungsmöglichkeiten habe, hätte ich auch nicht gedacht. Wobei hier dasselbe gilt wie oben beschrieben – irre, dass Du die Veränderungen in nur 2 Minuten erreicht hast – da müsste ich mich erst einmal grundlegend mit Lightroom und seinen Werkzeugen beschäftigen. Und wie Stefanie schon schrieb, was genau ich wie im Histogramm ablesen kann, erschliesst sich mir noch nicht ganz.
In jedem Fall hat mich Deine Bildbesprechung inspiriert, mehr über die Fotografie zu lernen und herauszufinden – und ich bin schon gespannt auf die nächste Bildbesprechung, denn ich nehme bestimmt wieder die ein oder andere Anregung mit. :-)
Liebe Grüße, Martina
Liebe Martina,
vielen herzlichen Dank für Deine ausführliche Rückmeldung! Freut mich sehr, dass Dir die Bildbesprechung so gut gefallen hat und Dich inspiriert hat. Wir werden uns bemühen einige der “böhmischen Dörfer” in der nächsten Zeit mal aufzuklären ;-)
Natürlich kann man Aufnahmen nachher beschneiden, aber je mehr man das tut, desto mehr Bildinformationen wirft man weg und die Qualität des Bildes wird schlechter. Daher macht es definitiv Sinn, den Ausschnitt schon bei der Aufnahme so gut wie möglich auszuwählen.
Bei unseren Workshops decken wir praktisch all diese Fragen ab, angefangen von RAW bis zur Bildbearbeitung in Lightroom, vielleicht solltest Du mal einen Kurzurlaub bei uns im Waldviertel machen ;-)
Liebe Grüße,
Karin
Liebe Karin,
Was für ein toller Artikel! Zuerst wusste ich nicht, was hinter dem Begriff “Bildbesprechung” sich verbirgt, die Neugier war zum Glück grösser.
Es ist unglaublich spannend zu sehen, was du aus dem Bild innerhalb von 2 Minuten herausholen kannst! Wow!
Für mich ist es ein absoluter Aha-Moment, dass die Wirkung einer Landschaft – bei deinem Beispiel – im Hochformat viel mehr zur Geltung kommt. Daran hatte ich gar nie gedacht.
Das Histogramm verstehe ich leider nicht so ganz. Ich sehe zwar die Veränderung, weiss aber nicht, was ich daraus lesen soll. Bin mir aber sicher, dass ich das noch von dir lernen werde ;-)
Liebe Grüsse, Stefanie
Liebe Stefanie,
vielen Dank für Dein tolles und ausführliches Feedback! Freut mich sehr, dass Du von der Bildbesprechung was lernen konntest!
Dann werde ich demnächst mal etwas detaillierter über das Histogramm schreiben, damit Du das in Zukunft auch nützen kannst.
Liebe Grüße in die Schweiz,
Karin
Liebe Karin!
Vielen Dank für diese tolle Bildbesprechung! Ist wie eine kleine Reise zurück zum Fotoworkshop um das Gelernte und Besprochene zu vertiefen :-) Besonders hilfreich sind die Angaben über die Aufnahmeeinstellungen und was du hättest verbessern können.
Da ich ja leider (noch) ohne Reisestativ fotografiere, wären für mich auch Aufnahmen “aus der Hand” bei schwierigen Lichtverhältnissen interessant.
Danke und alles Liebe!
Sandra
Liebe Sandra,
herzlichen Dank für das hilfreiche Feedback! Es freut mich sehr, dass dir die Bildbesprechung so gut gefallen hat! :-)
Bei schwierigen Lichtverhältnissen ohne Stativ hast Du folgende Möglichkeiten:
1. Blende weiter aufmachen, also kleiner Blendenzahl, z.B. f4. Das beeinflußt natürlich Dein Bild, weil der Hintergrund dann relativ unscharf ist.
2. Höhere ISO. Du kannst ja mal ausprobieren, bei wieviel ISO Deine Kamera so rauscht, dass es Dich stört, also ab wann das Bild so “grisselig” wird, dass es Dir nicht mehr gefällt. Dann weißt Du, wie weit Du maximal raufgehen möchtest.
3. Einen Ersatz für ein Stativ finden: Gibt es irgendwas, wo Du die Kamera drauf abstellen kannst? Das kann eine Bank, ein Stein oder auch ein selbstgemachter Bohnensack sein, bei Deiner Wanderung ruhig auch mal Dein Rucksack!
Falls Du mit Stativ oder nicht aus der Hand fotografierst, an folgende Punkte denken:
– Verwacklungsschutz am Objektiv ausschalten
– Selbstauslöser einstellen
– Spiegelvorauslösung einstellen, falls Du eine hast
Falls Du noch Fragen hast, meld’ Dich einfach :-)
Viele liebe Grüße und gut Licht,
Karin & Markus
Hallo Sandra,
hier ist noch der Link zu einem kurzen Youtube-Video, wie man ganz einfach einen Bohnensack selber machen kann: https://www.youtube.com/watch?v=FGuI7n4TNuw
Viel Spaß beim Basteln :-)
Herzliche Grüße,
Karin
Super spannend