Naturschutz und Fotografie sollten – meiner Meinung nach – Hand in Hand gehen. Dieses Thema liegt mir sehr am Herzen und ich freue mich, dass ich dafür eine wunderbare Interview-Partnerin gefunden habe, die hilfreiche Tipps und Infos dazu verrät.
Karin: Liebe Mareike, schön dich hier als Gast zu haben. Magst du dich kurz vorstellen? Du betreibst den Blog Fernweh-Motive. Worum geht es auf deinem Blog?
Mareike: Zuerst einmal ganz lieben Dank, dass ich auf eurer Seite zu Gast sein darf, Karin! Nun ja, ähnlich wie bei euch geht es auf meinem Blog um das Reisen und die Fotografie. “Unterwegs mit Rucksack und Kamera” heißt das Motto, mit dem ich Fernweh-Motive im Oktober 2019 online stellte.
Mit meinen Artikeln und meinen Bildern möchte ich euch mitnehmen und zeigen, was mich bewegt und was mir wichtig ist. Das ist vor allem die Natur mit ihren vielfältigen Landschaften, die Tierwelt, Outdoortouren und die Fotografie. Neben Reiseinspirationen für nah und fern lest ihr auch zahlreiche praktische Tipps für eure eigene Tourenplanung und Naturfotografie. In meinen Blog fließen die Erfahrungen von Reisen und Touren aus über 13 Jahren ein, sowie insbesondere meine Ausbildung als Trekking Guide und als Leave No Trace Trainer. Bei jeder Tour ist mir eine verantwortungsvolle Planung und Durchführung wichtig, wozu auch der respektvolle Umgang mit der Natur, sowie mit anderen Menschen und Kulturen gehört.
Was ist eigentlich Naturschutz Fotografie oder Conservation Photography?
Karin: Neben Fernweh-Motive betreibst du auch die Webseite mareikeschadach.com, auf der du faszinierende Aufnahmen von Wildtieren und Landschaften zeigst. Zudem taucht der Ausdruck “Conservation Photography” auf. Was verstehst du genau darunter?
Mareike: Conservation Photography – oder Naturschutz Fotografie – verfolgt im Gegensatz zur Naturfotografie einen Zweck. Sie will nicht nur hübsch an der Wand hängen, sondern einen Inhalt transportieren, zum Nachdenken anregen und eine Geschichte erzählen. So zeigt Naturfotografie den hübschen Schmetterling auf der Blume. Die Naturschutzfotografie zeigt auch einen Schmetterling auf einer Blume… nur, dass im Hintergrund der Traktor Pestizide versprüht … nur mal als Beispiel.
Wo kommt man beim Fotografieren in Konflikt mit dem Naturschutz?
Karin: Naturschutz ist dir sehr wichtig. In welchen Situationen kommt man als NaturfotografIn auch mal in Konflikt mit dem Naturschutz?
Mareike: Ja, das kann vorkommen und zwar nicht nur bei Fotos von Wildtieren. Auch Pflanzen und die Landschaft im Allgemeinen können durch zu viel “Fotodruck” gestört oder gar zerstört werden. So kam es bereits öfters vor, dass ein besonders schöner Ort nach einem Post in den Social Media so stark frequentiert wurde, dass er schon bald kaputt war. Auch Absperrungen werden oft ignoriert, Pflanzen zertreten oder Müll liegen gelassen.
Bei Tierfotos ist man als Fotograf immer in Versuchung näher heranzugehen, als man sollte und das Tier somit aufschreckt. Im Winter kann der durch wiederholte Störung verursachte Energieverbrauch für das Tier bedrohlich werden.
Jeder der sich draußen bewegt, egal ob mit der Kamera, mit dem Boot oder Fahrrad hinterlässt seine Spuren. Diese gilt es zu minimieren und dem “Leave No Trace” Prinzip folgend nicht zu stören und auch nichts zu zerstören. Im Jahr 2023 habe ich mich zum Leave No Trace Trainer weitergebildet und versuche, den Gedanken nicht nur auf meinen eigenen Touren zu leben, sondern auch weiterzugeben.
Karin: Wir haben im Bezug auf Störung von Tieren und Zerstörung der Natur leider auch schon viel Negatives erlebt. Besonders traurig machen uns Wildtiere, die durch illegale Fütterung anfangen aus Abfalleimern zu fressen. Rehe fressen dann beispielsweise auch Plastiktüten mit und verenden qualvoll.
Recherche- und Planungstipps für Wildtierfotografie
Aber jetzt zurück zu dir. Ich finde das wirklich großartig, dass du die Leave No Trace Trainer Ausbildung gemacht hast und jetzt auch andere Leute darüber aufklärst, wie man sich richtig in der Natur verhält. Du hast ja das Glück, selbst schon viele besondere Tierbegegnungen erlebt zu haben. Wie sind die Aufnahmen von den verschiedenen Tieren auf deinem Blog und deiner Webseite entstanden?
Mareike: Das ist ganz unterschiedlich. Manche Tieraufnahmen sind durch gezielte Reisen und Ausflüge entstanden, andere durch Zufall. Da ich, wenn ich draußen in der Natur unterwegs bin, meine Kamera fast immer dabei habe, ergeben sich öfters günstige Gelegenheiten.
Bei gezielten Touren, bei denen Tierfotografie im Vordergrund steht, steht natürlich die Planung an erster Stelle: wo kann ich die Tiere überhaupt sehen und zu welcher Zeit halten sie sich wo auf? Wie sind die Sichtungswahrscheinlichkeiten? Für meine Recherche nutze ich da gerne die Beobachtungsplattform Naturgucker.
Karin: Du recherchierst also für deine Wildtierfotografie den Ort und die Saison der besten Sichtungswahrscheinlichkeiten. Was gehört sonst noch zu deiner Recherche?
Mareike: Nun ja, wenn ich ein Gebiet ausgewählt habe, dann prüfe ich, wie zugänglich dieses ist und ob (ggf. saisonale) Einschränkungen oder andere lokale Regeln zu beachten sind. Gibt es Beobachtungsplattformen oder Fotohütten? Diese nutze ich sehr gerne, da man nahe an die Tiere herankommt, ohne sie zu stören. So sind beispielsweise die Bilder in meinen Artikeln über Königspinguine auf Feuerland oder die Papageientaucher auf den Westmännerinseln entstanden.
Dann versuche ich, mehr über die Tierart herauszufinden: Balzzeiten, Brutzeiten und – orte, wie und wo die Jungen aufgezogen werden, wo gefressen wird und generell, wie sich die Tiere verhalten. Auch Menschen gegenüber. Nur wenn man ein bisschen was über die Tierart weiß, kann man deren Verhalten interpretieren und sich entsprechend verhalten. Wenn beispielsweise die Kraniche aufhören zu fressen, dann ist man zu nahe dran.
Tipps für respektvolles Verhalten gegenüber Natur und Tieren beim Fotografieren
Karin: Hast du einige Tipps für unsere Leser, wie sie die Tiere und die Natur im Allgemeinen beim Fotografieren mehr respektieren können?
Mareike: Der einfachste Tipp, der zugleich auch der schwerste ist, heißt “Abstand halten“. Klar, wir sind alle fasziniert von den Tieren, insbesondere wenn es noch Jungtiere oder Küken im Nest sind. Doch je weiter wir uns annähern, umso mehr Stress wird das Tier empfinden. Es wird dann entweder fliehen, oder angreifen, oder manchmal auch nur so tun. Wenn ein Elterntier flieht, können Junge oder Eier schnell auskühlen oder zur leichten Beute eines Raubtiers werden.
Eine gute Regel für den richtigen Abstand ist die “Daumenregel“: wenn man seinen Arm in Richtung Tier ausstreckt und den Daumen aufstellt, sollte das Tier komplett hinter dem Daumen verschwinden. Tut es das nicht, dann ist man zu nah dran. Für alle, die gerne Tiere fotografieren, lohnt sich die Investition in ein gutes Teleobjektiv. Ich habe meistens ein 100-400 mm Teleobjektiv dabei.
Ebenso sollte man in den Social Media keine Nester, Tierbauten oder seltene Pflanzen mit genauer Ortsangabe oder gar GPS-Koordinaten posten. Manche Handys haben die Ortsangabe automatisch eingestellt, die muss man ggf. händisch entfernen. Ich habe von Fällen gehört, wo Orchideen ausgegraben oder Eier aus Nestern geklaut wurden.
Ein weiterer Tipp ist: nicht füttern und nicht anfassen. Auch nicht für ein schnelles Selfie wenn keiner hinguckt. Die Tiere gewöhnen sich an die einfache, meist für sie ungesunde Nahrung, werden aufdringlich und klauen einem sogar das Brötchen aus der Hand. Das kann für Mensch und Tier gefährlich werden.
Mareikes Lieblingsplätze für Wildtierfotografie
Karin: Welches sind denn deine Lieblingsorte für die Wildtierfotografie? Kannst du da einige Orte empfehlen?
Mareike: Wo ich immer wieder gerne hingehe, sind im Herbst die Kranichrastplätze Linum in Brandenburg oder das Kranorama in Mecklenburg-Vorpommern. Da hat man die Möglichkeit, von Beobachtungsplattformen oder aus Fotoverstecken tolle Aufnahmen von den Vögeln des Glücks zu machen. Ebenso versuche ich immer wieder mein Glück bei den Wölfen in der Lausitz, unter anderem am Beobachtungspunkt am Bergener See.
Die absoluten Highlights bezüglich Wildtierfotografie waren jedoch für mich persönlich die Iguanas und Schildkröten der Galápagosinseln, sowie die Orcas vor der Insel Skiervoy im winterlichen Nordnorwegen.
Tipps für Wildtierfotografie vor der Haustür
Karin: Du selbst lebst ja in Berlin. Klappt denn die Wildtierfotografie auch zu Hause, vor der eigenen Haustür?
Mareike: Na klar, da muss man gar nicht so weit fahren, um wild lebende Tiere zu fotografieren. Auch in einer Großstadt wie Berlin kann man da viel machen. In den Parks oder an den Gewässern findet man immer Vögel, manchmal sogar etwas seltenere Arten. Auch Eichhörnchen kann man fast immer fotografieren. Amphibien, Nutria oder Ringelnatter findet man öfters an den Gewässern und Feuchtgebieten. Und wer früh am Morgen unterwegs ist, kann mit etwas Glück auch einen Fuchs oder Waschbären erwischen.
Rund um Berlin gibt es zudem viele Weideprojekte, wo Pferde, Rinder, Rot- und Damwild oder sogar Wisente als Landschaftsgärtner eingesetzt werden. Da gibt es auch immer tolle Fotogelegenheiten.
Karin: Wie geht das Thema Naturschutz und Fotografie für dich weiter? Hast du da bestimmte Pläne?
Mareike: In Kürze werde ich eine 12-monatige Auszeit von meinem festen Vollzeitjob nehmen und im Norden Skandinaviens unterwegs sein. Währenddessen habe ich vor, Workshops für Leave no Trace sowie für Outdoorfotografie anzubieten, bzw. zu entwickeln. In letzteren soll es neben der eigentlichen Natur- und Reisefotografie auch um Naturschutz und um unsere Verantwortung als Fotografen gehen. Doch bis das so weit ist, habe ich für alle, die neugierig geworden sind und mehr über die Prinzipien von Leave No Trace wissen wollen, hier den Link zu der Leave No Trace Organisation (englischsprachige Webseite), wo es viel Wissenswertes zu lesen gibt.
Karin: Super, da hast du unseren Lesern ja viele Anregungen mitgegeben und die Tiere und Natur werden sich dafür ganz besonders bedanken. Wir freuen uns auf kommende Artikel mit Fototipps auf Fernweh-Motive und auf die kommenden Workshops.
Vielen Dank für das Interview, Mareike!