Wir finden, dass sich iPhone Fotografie und das Fotografieren mit Spiegelreflex- oder Systemkameras nicht gegenseitig ausschließen. Denn unserer Meinung nach ist die beste Kamera die, die du dabei hast. Das Smartphone hat man heutzutage eigentlich fast immer dabei und man kann damit mittlerweile wirklich beeindruckende Fotos machen.
Jenny und Christian haben sich auf das Thema iPhone Fotografie spezialisiert. In unserem Interview haben wir sie um Tipps gebeten und klären ab, was mit der iPhone Fotografie überhaupt möglich ist.
Karin: Hallo Jenny & Christian! Vielen Dank, dass ihr euch Zeit für ein Interview mit uns genommen habt. Wollt ihr euch als Erstes kurz vorstellen und erzählen, was ihr macht?
Jenny & Christian: Gerne! Unsere Namen sind Jenny und Christian. Wir sind seit Juli 2017 auf Reisen und teilen seitdem auch viele Tipps auf unserem Blog unaufschiebbar.de. Begonnen haben wir mit Reisetipps und Erfahrungen zum ortsunabhängigen Arbeiten. 2020 ist während der Coronazeit dann auch die iPhone-Fotografie zu einem weiteren Thema auf unserem Blog geworden.
Wir fokussieren uns gerne auf Themen bzw. Reiseziele, bei denen wir wirklich viel Erfahrung haben. Neben dem Fotografieren mit dem iPhone und dem digitalen Nomadentum sind dies insbesondere die kanarischen Inseln, Madeira, Indonesien, Thailand und ausgewählte Regionen in Deutschland.
Die ersten vier Jahre sind wir ohne Wohnung dauerhaft gereist. Mittlerweile haben wir uns zwei Home Bases aufgebaut, wo wir mehr Zeit verbringen. Eine davon befindet sich auf Teneriffa (Spanien), die andere in Ostfriesland (Deutschland). Zudem sind wir seit 2019 auch Eltern und erwarten in einigen Wochen unser zweites Kind. :-)
Vorteile der iPhone Fotografie
Karin: Wie seid ihr zur iPhone Fotografie gekommen und fotografiert ihr mittlerweile ausschließlich damit?
Jenny & Christian: Christian hat vor unserem Reisebeginn in einem Start-up in Köln gearbeitet und hat dort erstmals MacBooks und iMacs genutzt. Seitdem ist er Fan von Apple-Produkten und hat sich zum Beginn der Selbstständigkeit im Jahr 2014 selbst ein MacBook gekauft. Schnell haben wir gemerkt, dass die Apple-Welt am meisten Spaß macht, wenn auch die Smartphones dazu passen. Alles über die iCloud zu synchronisieren, spart Zeit und Arbeitsaufwand. Speziell, wenn man viele Fotos und Videos erstellt. So sind wir im Jahr 2015 zu unseren ersten iPhones gekommen.
Seitdem fotografieren wir mit nichts Anderem mehr. Wir mögen die Optik der iPhone-Fotos und auch die einfache Handhabung. Das iPhone ist bei uns ohnehin immer dabei und entsprechend schnell griffbereit. Wenn man – wir wir – viel reist oder gerne seine Kinder fotografiert, ist das ein großer Vorteil. Denn oft entstehen gute Fotomomente spontan. Speziell auch mit Kindern.
Auf Reisen sind wir am liebsten nur mit Handgepäck unterwegs. Für unsere iPhones nehmen wir meist noch ein kleines (und leichtes) Stativ mit. Damit ist unsere Fotoausrüstung bereits vollständig.
Zudem lieben wir es, die Fotos direkt auf dem iPhone zu bearbeiten. Die wichtigsten Bearbeitungsfunktionen wie Kontrast, Sättigung, Helligkeit, Schärfe und Co. sind direkt in der Kamera-App integriert. Dort können auch die vertikalen und horizontalen Ausrichtungen innerhalb von wenigen Sekunden optimiert werden. Für ausgefallenere Bearbeitungsschritte nutzen wir gerne die kostenfreie App Snapseed (Anmerkung von den Fotonomaden: Auch Markus verwendet diese App sehr gerne!) Damit lassen sich z.B. unerwünschte Lichtpunkte entfernen, rote Augen korrigieren oder ein Weißabgleich vornehmen.
Geeignete Smartphonemodelle für die iPhone Fotografie
Karin: Ab welchem Modell eignen sich die iPhones wirklich gut zum Fotografieren? Wir haben z. B. noch ältere Modelle mit nur einer Linse.
Jenny & Christian: Die Qualität der iPhone-Fotos hat sich in den vergangenen Jahren schon deutlich verbessert. Dank der iOS-Updates werden viele Verbesserungen aber auch auf ältere Modelle übertragen. Am meisten Spaß macht das Fotografieren aus unserer Erfahrung aber schon mit den neueren Modellen. Die Möglichkeiten sind hier durch mehrere Linsen noch größer.
Für alle, die noch ältere iPhone-Modelle mit einer Linse besitzen, gibt es aber dennoch mehr Optionen, als die meisten denken. Die Foto-Qualität ist aus unserer Erfahrung etwa ab dem iPhone 7 so gut, dass die meisten (Hobby-)Fotografen mit dem Ergebnis zufrieden sind. Für ältere iPhones nennen wir gerne drei Beispiele, wie Fotofunktionen dennoch nachgerüstet bzw. über Umwege genutzt werden können:
1) Smartphone-Objektive: Diese kleinen Linsen werden als Erweiterung einfach auf die iPhone-Linse hinauf geklemmt. Die Objektiv-Sets, die man z.B. über Amazon kaufen kann, bestehen meist aus mindestens drei Adaptern: Einem Weitwinkelobjektiv, einem Makroobjektiv und einem Fischaugenobjektiv. Oft ist auch noch ein Teleobjektiv dabei. Die Aufstecklinsen sind leicht, klein und handlich. Sie nehmen also weder viel Platz noch Gewicht ein. Auch preislich fallen sie mit ca. 15 bis 50 Euro (je nach Qualität und Umfang) nicht allzu stark ins Gewicht.
2) Unscharfer Hintergrund (Porträtmodus): Der iPhone-Porträtmodus ist schon ab dem iPhone 7 Plus bzw. 8 Plus vorhanden. Hierbei wird der Bildhintergrund unscharf gestaltet („Bokeh-Effekt“), was das eigentliche Fotomotiv noch mehr in den Fokus rückt. Sofern das iPhone noch keinen Porträtmodus besitzt, kann der unscharfe Hintergrund über Apps noch im Nachhinein erzeugt werden. Gute Ergebnisse erhältst du aus unserer Erfahrung z.B. mit der kostenlosen App Focos.
Selbst mit unseren aktuellen iPhones fotografieren wir häufiger ohne Porträtmodus und gestalten den Hintergrund bewusst erst im Nachhinein unscharf. Denn Fotos im Porträtmodus sind nicht immer die beste Wahl. Hierbei kannst du beispielsweise keinen Live-Modus nutzen und auch Fotos mit Bewegungen (z.B. bei kleinen Kindern) sind dafür nicht gut geeignet. Bei einem Foto, das du im Live-Modus aufnimmst, kannst du zunächst das beste Bild aus einer Fotoreihe auswählen und dort dann später den Hintergrund per App unscharf gestalten. Dies ist speziell auch bei Gruppenfotos, wo meist mindestens eine Person die Augen geschlossen hat, eine hilfreiche Option.
3) Langzeitbelichtung per App: Wenn du im Dunkeln fotografierst, bietet eine längere Belichtungszeit bessere Ergebnisse. Bei neueren iPhone-Modellen ist die Langzeitbelichtung über den Nachtmodus bereits standardmäßig integriert. Bei älteren Modellen helfen Apps dabei, eine Langzeitbelichtung zu erzeugen. Gute Ergebnisse erhältst du aus unserer Erfahrung z.B. mit der kostenpflichtigen App Camera+ 2. Hier sind Langzeitbelichtungen bis zu 30 Sekunden möglich.
Zubehör für die iPhone Fotografie
Karin: Empfehlt ihr irgendwelches Zubehör für die iPhone Fotografie, wie z. B. ein kleines Stativ?
Jenny & Christian: Einer der größten Spaßfaktoren in der iPhone-Fotografie besteht in der Einfachheit. Das iPhone zücken und ohne lange Einstellungen oder Zubehör drauflos fotografieren. Für die meisten Situationen ist das absolut ausreichend.
Oft kommt es dann darauf an, welchen Anspruch man selbst an das Foto hat. Soll es ausschließlich auf dem Smartphone verbleiben und z.B. für Social Media genutzt oder per Messenger versendet werden? Dann ist die optimale Bildschärfe oft gar nicht so entscheidend. Soll das Foto hingegen später in einem größeren Format ausgedruckt werden, kommt es eben doch auf die optimale Bildschärfe an. In diesem Fall ist ein Smartphone-Stativ nützlich, um möglichst keine Verwacklung beim Fotografieren zu erzeugen. Dies gilt speziell für Langzeitbelichtungen. Oder um konkreter in Bildern zu sprechen:
– wenn du fließendes Wasser (z.B. einen Wasserfall) fotografierst und durch den Langzeitbelichtungseffekt das Wasser anschließend weichzeichnen möchtest
– wenn du im Nachtmodus (oder mit einer App) in der Dunkelheit fotografierst
Neben einem Stativ sind hier auch ein Bluetooth-Auslöser oder Smartphone-Kopfhörer nützlich. Mit beiden kannst du das Foto auslösen, ohne dabei das iPhone zu berühren. Dies sorgt dafür, dass das Smartphone beim Auslösen garantiert nicht verwackelt.
Ein Stativ ist des Weiteren praktisch, um Selfies, ein Paarfoto oder ein Gruppenbild (z.B. ein Familienfoto) zu erstellen. Ein kleines, leichtes Stativ, das in einen kleineren Rucksack hineinpasst, ist für die meisten Situationen ausreichend. Aufpassen solltest du aus unserer Erfahrung aber immer dann, wenn es draußen windig ist. Denn ein leichtes Stativ fällt bei kräftigeren Windstößen schnell um. Im schlimmsten Fall führt dies zur Beschädigung deines iPhones.
Zudem ist es wichtig, dass die Linse beim Fotografieren stets sauber ist. Zur Reinigung eignet sich am besten ein kleines Mikrofasertuch.
Falls du mit dem iPhone auch Videos erstellen möchtest, kann zudem ein Gimbal helfen (Anmerkung Fotonomaden: Ein Gimbal ist eine spezielle Art der Aufhängung der Kamera auf dem Stativ) . Er sorgt dafür, dass du auch im Laufen wackelfreie Aufnahmen erstellen kannst.
Geeignete Motive für die iPhone Fotografie
Karin: Würdet ihr sagen, dass sich die iPhone Fotografie für sämtliche Motive eignet oder gibt es welche, die sich nicht so gut aufnehmen lassen?
Jenny & Christian: Grundsätzlich lassen sich mit dem iPhone alle Motive aufnehmen. In seltenen Fällen ist zusätzliches Equipment nötig, um eine gute Foto-Qualität zu erreichen. Hier fällt uns z.B. die Tierfotografie bei einer Safari ein. Ohne zusätzliches Spektiv oder Ähnliches lassen sich keine guten Nahaufnahmen der Tiere erstellen. Dies ist bei herkömmlichen Kameras und den benötigten Objektiven aber ähnlich.
Früher war es nicht möglich, mit dem iPhone im RAW-Format zu fotografieren. Aber auch dies hat sich mittlerweile geändert. Das iPhone 12 Pro ist das erste Modell, mit dem die RAW-Fotografie integriert möglich ist. Aber auch auf älteren iPhone-Modellen können Fotos mithilfe einer App im RAW-Format aufgenommen werden. Hierfür kannst du z.B. die App Camera+ 2 nutzen.
Der beste Tipp für tolle iPhone Fotos
Karin: Was ist euer bester Tipp für gelungene iPhone Fotos?
Jenny & Christian: Die besten Ergebnisse hängen aus unserer Erfahrung gar nicht vom iPhone bzw. dem iPhone-Modell ab. Vielmehr geht es darum, das Foto interessant zu gestalten. Wir empfehlen daher, viele Perspektiven auszuprobieren, sich mit dem Bildaufbau zu beschäftigen und möglichst häufig das schöne Fotolicht der Golden Hour zu nutzen.
iPhone Fotografie lernen leicht gemacht
Karin: Ihr habt einen iPhone Onlinekurs erstellt. Was erwartet einen in dem Kurs?
Jenny & Christian: Unser iPhone-Kurs besteht aus insgesamt 34 Videos. Hier zeigen wir dir alles, was du zur Fotografie mit dem iPhone wissen musst. Die Videos sind dabei praxisorientiert gestaltet und stets mit Beispielen und Live-Anwendungen veranschaulicht.
Zunächst erhältst du Informationen darüber, wie du das iPhone am besten zum Fotografieren nutzen kannst. Hierzu gehören u.a. die stabile Haltung des iPhones oder auch die besten Kamera-Einstellungen. Danach lernst du die verschiedenen Funktionen der Kamera-App kennen. Wir sprechen z.B. darüber, wie du den Fokus setzen und beibehalten kannst, wie Fotos im Live-Modus funktionieren und welche Vor- und Nachteile sie bieten, sowie über den Porträt-Modus und seine Möglichkeiten.
Danach folgen einige Grundlagen zur Fotografie, die auf dem iPhone ebenso anwendbar sind wie auf anderen Smartphones oder bei herkömmlichen Kameras. Es geht beispielsweise darum, wie du spannende Fotomotive findest bzw. selbst kreierst, um den Bildaufbau, gut geeignete Lichtsituationen, Spiegelungen und Schatten-Fotos.
Im darauffolgenden Kapitel schauen wir uns die Bildbearbeitung auf dem iPhone an. Du lernst dabei, welche Bildbearbeitungsfunktionen das iPhone bereits standardmäßig bietet und wie du mithilfe von Apps noch mehr aus der Bildbearbeitung herausholen kannst. Zudem geht es auch darum, wie du Fotos ohne Qualitätsverlust bearbeitest und worauf du achten solltest, wenn du Fotos zum Drucken vorbereiten möchtest.
Zum Abschluss des Videokurses beschäftigen wir uns damit, wie Fotos auf dem iPhone am besten verwaltet werden. Wir schauen uns die Foto-App und ihre Funktionen im Detail an und zeigen dir u.a. die Such- und Sortierfunktionen. Dadurch kannst du auch bei vielen Tausend Bildern auf dem iPhone den Überblick behalten und Fotos schnell wiederfinden.
Für wen sich der iPhone Fotografie Kurs eignet
Karin: Für welche iPhone Modelle eignet sich der Kurs?
Jenny & Christian: Unser iPhone-Fotokurs ist für alle iPhone-Modelle geeignet. Es gibt hierbei keine Einschränkungen. Sollte dein iPhone-Modell eine Funktion noch nicht besitzen, zeigen wir dir entsprechende Apps oder Hilfsmittel, mit denen du neuere Funktionen auch auf älteren Modellen umsetzen kannst.
Karin: Eignet sich der Kurs auch, wenn ich kein iPhone habe?
Jenny & Christian: Viele Tipps und Grundlagen sind unabhängig vom iPhone umsetzbar. Dies gilt speziell für die Videos zur allgemeinen Fotografie. Wir denken hierbei u.a. an die Bildgestaltung und Belichtung oder auch an Fotos mit Silhouetten, Spiegelungen oder Schatten. Insgesamt ist der Fotokurs aber auf das iPhone zugeschnitten. Daher empfehlen wir ihn tatsächlich speziell für iPhone-Nutzer/-innen.
Karin: Gibt es noch etwas, dass ihr unseren Lesern sagen möchtet?
Jenny & Christian: Dein iPhone kann mehr, als du vermutlich denkst. Als wir vor einigen Jahren tiefer ins Thema eingestiegen sind, dachten wir, dass wir das iPhone bereits gut kennen. Doch wir wurden eines Besseren belehrt und waren viele Male positiv überrascht, welche Fotos mit dem iPhone möglich sind. Früher dachten wir, solche Fotos wären nur mit teuren Profi-Kameras, viel Fotowissen und aufwendigen Einstellungen möglich. Umso begeisterter waren wir, dass das iPhone nahezu alle Fotokniffe nicht nur beherrscht, sondern dass die Anwendung auch noch kinderleicht ist.
Daher empfehlen wir dir, dich ausführlicher mit dem Thema zu beschäftigen. Nimm dir die Zeit, du wirst es nicht bereuen. Wenn wir heute unsere Fotos von damals anschauen, wünschten wir oft, wir hätten uns schon früher intensiver mit der iPhone-Fotografie beschäftigt. Unsere Erinnerungsfotos wären dann um ein Vielfaches besser. Warte also nicht zu lange. ;-)
Karin: Vielen Dank für eure Zeit und eure spannenden Tipps!
Jenny & Christian: Sehr gern geschehen!