Mit Italien verbinden die meisten wohl gutes Essen, Sonnenschein, Espresso, schöne Menschen und südländisches Lebensgefühl. Wir sind neben all diesen Dingen auch auf den Esel gekommen und haben uns in den Abruzzen beim Eselwandern (auch Esel-Trekking genannt) versucht.
Die Abruzzen sind wohl noch ein kleiner Geheimtipp in Italien. Größtenteils machen dort nur die Italiener selbst Urlaub. Deutsche oder anderssprachige Urlauber sind dort (noch) selten anzutreffen. Von der Lage her kann man sich an Rom orientieren und dann einfach mit dem Finger rechts Richtung Küste fahren. Es erwarten dich schöne Nationalparks mit spannenden Bergkulissen, einladende kleine Dörfern mit alten Steinhäusern und deftiges Essen.
Nach längerer Recherche haben wir uns für einen italienischen Anbieter solcher Eselwanderungen entschieden. Unsere Tour führte uns in 5 Tagen durch die Abruzzen. Auf größtenteils gut markierten Pfaden, die früher von den Briganten benutzt wurden (Info auf Italienisch: il cammino dei briganti), durften wir Tagesetappen von 7 – 14 Kilometer marschieren und trafen meist nur in den Dörfern andere Menschen.
Von den Unterkünften her hätten wir alle 5 Tage in netten kleinen Pensionen übernachten können, wir entschieden uns aber für 2 Übernachtungen unter freiem Himmel. Einmal in der Nähe einer alten verfallenen Burg und einmal auf einem Campingplatz. Auf jeder Etappe mussten wir meistens auch 1-2 kleine Dörfer oder Städte durchqueren und konnten dort ohne Probleme Wasser auffüllen und Proviant kaufen.
Der Esel und sein Rhythmus
Man muss dem Esel einen Rhythmus vorgeben. Er darf 2x abbeißen und dann während dem Kauen sollte er eigentlich gehen. Esel dürften von Haus aus einen guten Appetit haben und deshalb kommt man bei dem ganzen Fressen oft nur sehr langsam voran. Wer also etwas zur Ungeduld neigt, sollte dies als gute Übung sehen. Eine Person geht vorne und führt den Esel, die andere Person geht zumindest am Anfang hinter dem Esel und unterstützt durch akustische Signale die Rhythmusgebung. Hop-hop-hey hat sich hier sehr gut bewährt ;-)
Als Ausrüstung bekommt man Folgendes mit:
- 1 Wegkarte inkl. wasserdichter Hülle
- 1 ausführliche Wegbeschreibung auf Englisch oder Italienisch
- 1 Traggestell aus Holz
- 1 Eseldecke für das Traggestell
- 3 Tragetaschen
- Esel-Pflegeset bestehend aus:
- Sprühpflaster & Mittel für offene Stellen
- Insektenschutz
- Hufkratzer
- 1 lange Weideleine für den Esel
- Futter für das Eselfrühstück
Bevor es dann am nächsten Tag losgeht, muss man noch sein Gepäck gleichmäßig auf die Satteltaschen aufteilen und darf insgesamt maximal 28 – 30 kg mitnehmen.
Am nächsten Tag startet man nach einem leckeren Frühstück und wird die ersten Kilometer begleitet und bekommt noch Live-Unterweisung, wie man den Esel zum Gehen motiviert.
Unsere Route war eigentlich ein 7-Tages Rundkurs. Wir wollten allerdings nur fünf Tage wandern und da ist dann ein Missverständnis entstanden. Statt einer kürzeren Route sind wir die volle 7-Tages-Etappe in fünf Tagen gegangen. Davon würden wir definitiv abraten, weil das für den Esel und für uns sehr herausfordernd war.
Einen Tag davon hatten wir eher schlechtes Wetter mit Regen, der Rest war größtenteils schön. Fotografisch gesehen gestaltete sich das Ganze aber etwas schwierig, da man ständig bemüht ist, nicht zu lange Pausen zu machen, um den Esel im Rhythmus zu halten. Fotografieren mit Stativ wäre hier hauptsächlich bei einer längeren Pause möglich gewesen. Grundsätzlich ist man stark damit beschäftigt die nächste Markierung zu finden, um nicht falsch zu gehen. Wer wirklich viel fotografieren will, der sollte das Ganze lieber ohne Esel machen.
Wir haben unser Esel-Trekking bei Fabiana und Luca gebucht, die sehr freundlich und hilfsbereit waren und auch sehr gut Englisch sprechen. Ihr wunderschöner Agriturismo Casale Le Crete ist eine Oase und das Frühstück war ein Traum. Ein weiteres Highlight war die Übernachtung unter freiem Himmel.
Hier auch noch ein kleines Video bei einer Dorfdurchquerung:
Unser Fazit zum Eselwandern
Wir fanden die Abruzzen wunderschön und auch den Cammino dei Briganti toll. Allerdings würden wir aus mehreren Gründen persönlich nicht mehr mit einem Esel wandern.
- Man ist unflexibel: Wir sind durch viele schöne Städtchen und Dörfer gekommen und hätten uns gerne mal einen Kaffee gegönnt und eine kleine Pause in einem netten Café. Einmal fand in einer Ortschaft ein Fest mit viel Trara statt. Worüber wir uns normalerweise gefreut hätten, wurde zum Stressfaktor. Um unseren Esel die Menschenmengen und den Lärm zu ersparen haben wir einen großen Bogen gemacht und sind außen vorbeigegangen. Wie meistens.
- Man hat keine Ruhe zum Fotografieren: Verständlicherweise hat ein voll bepackter Esel keine Lust ständig stehen zu bleiben. Deshalb haben wir meistens nur Schnappschüsse im Vorbeigehen machen können. In der Mittagspause haben wir unserem Esel Sophie das Gepäck abgenommen, aber da hat man sehr hartes, meist unvorteilhaftes Licht.
- Man kann die Natur nicht so genießen: Wir waren die ganze Zeit damit beschäftigt zu schauen, wohin wir gehen müssen und, dass es Sophie gut geht und sie brav marschiert. So war die tolle Naturkulisse leider nur zweitrangig.
- Der Weg ist für den Esel eine Belastung: Ja, wir waren naiv und haben uns darüber vorab nicht wirklich große Gedanken gemacht. Obwohl wir uns so gut wie möglich um Sophie gekümmert haben, hat sie unter dem Gewicht, dem Stress von der Durchquerung von Ortschaften und den unzähligen Bremsen gelitten. Die Tagesetappen muss man hinter sich bringen und kann auch dabei keine Rücksicht darauf nehmen, wie fit der Esel noch ist, was wir auch nicht toll fanden.
Heute würden wir so eine Tour nicht mehr machen. Wir sind auch absolut überzeugt davon, dass man den Cammino dei Briganti ohne Esel mehr genießen kann und diese Variante können wir guten Gewissens absolut empfehlen!
2 Kommentare
Hallo,
da steht leider viel Unsinn. Als Eselwanderer mit rund 2500 Kilometern Erfahrung kann ich sagen, nichts funktioniert besser als ein Esel für ausgiebige Fototouren. Unsinn ist, daß er voll bepackt nicht gerne stehen bleiben würde. Ganz im Gegenteil, er bleibt dann noch viel lieber stehen und frißt, als daß er läuft. Er frißt und freut sich, daß ich ihn lasse, wenn ich mir die Zeit nehme, an guten Fotoaufnahmen zu feilen. Er trägt die schwere Fotoausrüstung und so kommt man mit ihm eben auch mit kompletter Ausrüstung in unwegsames Gelände, wo man sich sonst selbst zu Tode schleppen würde. Auch ein Auto als Transporteur kommt schnell an die Grenzen, wenn es wirklich in die Wildnis geht. Aber der Reihe nach:
Man ist nur insofern unflexibel als dass man am Ende des Tages irgendwo ankommen muss. Selbst das relativiert sich, wenn man draußen übernachtet. Selbstverständlich setzt man sich die Ziele so, dass man genügend Pausen machen kann. Ein gut ausgebildeter Esel hat auch keine Probleme mit Menschenmassen, im Gegenteil, Esel mögen ja Menschen. Pausen in einem Café, Einkaufen in Läden, alles kein Problem. Esel haben nur mit vermeintlichen Gefahren Stress. Das kann ein Gulli sein, unter dem es rauscht, Fahrräder, Motorräder, laute Geräusche. Es ist aber ähnlich wie bei Hunden. Wenn der Führer die Ruhe behält, färbt das auch auf den Esel bis zu einem gewissen Grad ab.
Es ist auch Quatsch, einen bestimmten Rhythmus für Fressen-Gehen einzuhalten. Der Esel geht, wenn man es ihm sagt und frisst nur nach eindeutiger Aufforderung. Wenn er es schafft, während dem Gehen mal einen Happs zu nehmen, gut. Ansonsten muss man ein Gefühl dafür entwickeln, wie lange der Esel geht, ohne zu unleidlich zu werden. Dann macht man an einer günstigen Stelle eine Pause, wo er ausgiebiger Fressen darf. Diese Zeit nutzt man zur Navigation per Karte und GPS. Muss man öfters navigieren, werden eben die Fresspausen kürzer. Der Esel muss schon am Tonfall erkennen, dass nun die Pause vorbei ist und es weiter geht. Niemals bestimmt der Esel den Ablauf. Er testet mindestens am ersten Tag, wie weit er gehen kann und wenn man hier versagt, bestimmt der Esel fortan, wie es läuft. Klar, dass man bei allen größeren Pausen das Gepäck ablädt, nicht aber bei kleineren. So weiß der Esel schon dadurch, dass die Pause begrenzt ist.
Wenn der Esel an lockerer Leine läuft, kann man besser also sonst irgendwie die Natur genießen. Zumindest in der Ebene laufen Esel nämlich in der Regel langsamer als ein Wanderer. Somit hat man viel mehr Zeit, den Blick schweifen zu lassen. Selbstverständlich trennt man Wandern und Navigieren voneinander und macht es nicht gleichzeitig. Und auch an lockerer Leine spürt man, ob der Esel illegalerweise versucht unterwegs zu fressen. Sofern man sofort konsequent reagiert, wird der Esel, solange der Hunger nicht wirklich groß ist, klein bei geben und weiter gehen.
Einen störrischen Esel gibt es nicht, es ist in den meisten Fällen einfach Unlust, oftmals, wenn eine Steigung kommt, vor allem bei der ersten am Morgen. Hier braucht man einen Kniff, wie man den Esel zum weitergehen zwingen kann, was übrigens auch alleine funktioniert. Ich wandere immer alleine mit Esel. Der Trick ist, man übt Zug auf die Leine aus und behält den Zug, bis der Esel läuft. Mit der Zeit kapiert der Esel, schon wenn man andeutet in die Haltung zu gehen, wo man ohne viel Kraft Zug ausüben kann, dass er weitergehen muss und er wird es vermeiden, den Zug zu bekommen. Es tut nicht weh, es ist nur unangenehm. Die Idee dahinter ist, das Stehen unangenehmer als das Gehen zu machen. Auf keinen Fall nimmt man Rücksicht darauf, ob der Esel gerade in Bewegung ist, sondern überlegt selbst, wann eine Pause wo sinnvoll ist. Wenn man den Kniff heraus hat, den Esel beliebig dann zum Laufen zu bringen, wenn man es möchte, wandert es sich entspannt, und zwar für Mensch und Tier. Wenn der Esel das Gefühl hat, er wird gut versorgt, läuft er auch gerne.
Und schließlich die Bremsen. Gut ausgerüstete Eselwanderer haben ein Bremsenabwehrmittel dabei, zum Beispiel Leovet Tam Tam Vet. Und einen Bremsenabwehrkranz, den man am Halfter befestigen kann. Da hängen dann Fransen auf dem Kopf des Esels und wenn er den Kopf bewegt, fliegen die Fransen hin und her und verscheuchen Fliegen und Bremsen.
Ob der Weg für einen Esel zu einer schmerzhaften Belastung wird, hängt vom Esel, dem geeigneten gut angepassten Packsattel, der Dauer einer Tagestour, dem Gelände und vom Gewicht des Gepäcks ab. Ein Großesel trägt für zwei drei Tage mal 100 kg mit einem speziellen Schwerlastpacksattel. Für das Wandern sollte man auch bei großen und vor allem trainierten Eseln die 25 kg nicht überschreiten, wenn die Tour eine Woche oder länger dauert. Je kürzer, desto mehr Kilogramm, je länger, desto weniger. Für eine Monatstour solltes es bei einem Großesel dann nicht mehr als 20 kg sein, wenn es lange gebirgige Touren sind. Was die Fitness des Esels angeht, die nimmt bei ausreichender Ernährung im Laufe der Tour eher zu. Es ist wie beim Menschen, die ersten paar Tage sind die härtesten. Ein trainierter Esel dagegen kann schon vom ersten Tag an volle Leistung schmerzfrei bringen. Viele fragen, warum sollte ein Esel überhaupt so eine Tour machen zu wollen. Da gibt es mehrere Antworten: Unterwegs erhält der Esel vielfältiges leckeres Futter, mit Sicherheit mehr Abwechslung als zu Hause. Esel sind von Natur aus Wandertiere, es ist in ihrem Wesen. Esel lieben auch Aussichten zu genießen. Sie checken dann, ob irgendwo Gefahren lauern aber schauen auch so einfach gerne die Gegend an, was also auch eine Abwechslung gegenüber dem immer gleichen Blick zu Hause ist. Und schließlich sind sie nie so lange mit Menschen zusammen, was eben viele auch lieben. Allerdings sind Esel auch Herdentiere und sie vermissen ihre Herde zu Hause. Das legt einem die Verpflichtung auf, als Mensch die Herde zu ersetzen. Das heißt, am Etappenziel wird der Esel nicht einfach bis zum nächsten Morgen abgestellt, sondern er freut sich, wenn man ihm noch mehr Gesellschaft leistet.
Zum Abschluss noch der größte Vorteil einer Eseltour: Man schaltet total ab, der Esel wird zum Mittelpunkt weil man ja nun seine Herde ersetzen muß, man vergißt nach kurzer Zeit, welcher Wochentag ist, kurzum, man erlebt das, was man von einem gelungenen Urlaub erwartet: Totales Runterkommen und Abschalten bei gleichzeitigem Genuß der Natur, also Entspannung pur.
Fazit: Wer Stress abbauen will, für den gibt es nichts Besseres als eine Tour mit Esel. Dessen Ruhe überträgt sich schon nach kurzer Zeit auf einen.
Grüße,
Ralf
Hallo Ralf, danke für dein ausführliches Kommentar. Beim Umgang mit dem Esel haben wir uns als komplette Laien an das gehalten, was uns gesagt wurde und das bestmöglich umgesetzt. Der Bericht schildert unsere persönliche Erfahrung. Wenn man sich besser mit Eseln auskennt oder wen dabei hat, der das tut, dann kann das sicherlich auch eine andere Erfahrung sein. Schön, dass es für dich so gut funktioniert!
Viele Grüße,
Karin & Markus